Das European Forum Alpbach versammelt junge Menschen aus Europa und der ganzen Welt, Wissenschaftler:innen, Denker:innen, Politiker:innen, Wirtschaftstreibende und die Zivilgesellschaft, um zur Aufgabe beizutragen, ein starkes Europa zum Wohle aller zu gestalten.
Das European Forum Alpbach wurde im Jahr 1945 mit einem Traum ins Leben gerufen – dem Traum von der Zukunft Europas. Die Gründer:innen waren sich über ihre Vision einig: gemeinsam gegen Nationalsozialismus und Kommunismus eintreten, den Traum von Demokratie, Freiheit, Frieden und Wohlstand verwirklichen, sowie Wissenschaft und Bildung fördern. Sie beschlossen, sich jedes Jahr für einige Wochen in Alpbach zu treffen und über ihre Träume zu diskutieren und – so sie übereinstimmten – diese Träume Realität werden zu lassen.
Die Meinung darüber, wie ein Traum Wirklichkeit wird, ist meist nicht einhellig – sowohl die Inhalte als auch der Weg dorthin sind umstritten. Aus den Diskussionen erwuchs jedoch eine Plattform, ein Thinktank aus europäischen Intellektuellen und Menschen, die etwas bewirken wollten. Sie würden die Gestaltung Europas über die zukünftigen Jahrzehnte maßgeblich mitbestimmen. Das Unterscheidungsmerkmal sollte nicht die politische Linke oder Rechte sein, sondern die Frage, ob jemand liberal oder antiliberal ist.
Die darauffolgenden Jahrzehnte brachten – politisch und wirtschaftlich – eine erstaunliche Entwicklung des europäischen Integrationsprojekts mit sich, und das viel tiefgreifender, als es sich die Gründer:innen je hätten träumen lassen. Einige Jahre nach dem ersten Treffen des European Forum Alpbach errichteten sechs Länder 1958 die Europäischen Wirtschaftsgemeinschaften mit dem Ziel, einen gemeinsamen europäischen Markt zu schaffen. Als dies 1992 vollbracht war, wurde mit einem neuen Vertrag der Grundstein für die Europäische Wirtschafts- und Währungsunion gelegt. Dadurch entstand eine vertiefte politische Integration. In den späten 2000er Jahren war die Europäische Union auf 28 Staaten angewachsen, darunter elf ehemalige Mitglieder des kommunistischen Blocks. Diese Errungenschaft übertrifft wahrscheinlich sogar die kühnsten Träume der einstigen Initiator:innen von Alpbach.
Europas historische Rolle im Weltgeschehen war keineswegs ohne Fehler; sie reichte von aggressiv bis zerstörerisch, von grausam bis brutal. Nur selten brachte Europa den Frieden oder Wohlstand in andere Teile der Welt. Aufgrund ihrer Geschichte versuchte die Europäische Union nie, militärische Macht zu erlagen. Doch die rasche Entwicklung ihrer wirtschaftlichen Stärke machte es möglich, die Werte von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie sozialer Marktwirtschaft auf der Weltbühne zu verteidigen.
Das European Forum Alpbach wurde im Jahr 1945 mit einem Traum ins Leben gerufen – dem Traum von der Zukunft Europas. In den vergangenen 75 Jahren bewies Europa, dass das Streben nach Frieden, Demokratie und einer stark ausgeprägten Zivilgesellschaft in Verbindung mit guten wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Leistungen etwas sehr Wertvolles erschafft. Diese Erkenntnis wirkt auch über Europa hinaus.
Dennoch besteht Grund zur Sorge um die Zukunft Europas. Vor 20 Jahren wuchs die Europäische Union und dadurch auch die wirtschaftliche Stellung Europas auf der Welt. Heute schrumpft die EU und damit auch die starke Wirtschaft Europas. Zum ersten Mal hat unsere Union ein Mitglied verloren. Unsere Wirtschaftskraft scheint zu schwinden, unsere Verteidigungssysteme wirken schwach und die politischen Spannungen nehmen rapide zu. Kurzum, Europas Position als wichtiger globaler Einflussfaktor ist in Gefahr. Europa ist im Begriff, seinen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Vorsprung auf der Welt rasch zu verlieren, zeitgleich büßen seine gesellschaftlichen Werte an Stabilität ein. Da Europas Gewicht auf der Welt abnimmt, müssen wir unsere Energie bündeln und Mut fassen, um diese Vorgänge umzukehren.
Das European Forum Alpbach ist im heutigen Kontext genauso wichtig für Europa wie im Jahr 1945. Die Aufgabe ist klar, sowohl jetzt als auch in Zukunft: